Edna Dawutibé

Nachdem meine Mamsell ihren letzten Wurf übertragen hatte und alle 6 Babys noch im Bauch gestorben sind, habe ich bei diesem Wurf nicht lange gefackelt:
Am 66. Tag wird ein Kaiserschnitt gemacht. Mamsell ist dick für drei, aber ich kann nur von einem einzigen Baby Bewegungen spüren. Vielleicht sind die anderen schon tot. Zur Sicherheit bringe ich Mamsell gleich ins Tierspital in Bern.
Dort stellt man fest, dass sie tatsächlich nur ein Baby trägt, und man holt es heraus, ein sehr farbiges, mittelgrosses, streifenfreies, wildfarbenes Mädchen. Man sieht das Herzchen klopfen - aber das Kleine will einfach nicht atmen.
Und jetzt kommt die Glanzleistung des Teams im Tierspital Bern :
Sechs Personen haben über eine Stunde lang um das Leben des neugeborenen Kätzchens gekämpft ! Da wurde Mund-zu-Mund-Beatmung gemacht, bis die Mini-Beatmungsmaske und die Sauerstoffmaschine für das kleine Lebewesen bereit waren, Flüssigkeit wurde abgesaugt, eine andere Flüssigkeit auf das kleine Zünglein gegeben, und die ganze Zeit über kriegte es unter der Wärmelampe Herzmassage. Es wurde nicht viel gesprochen, nur hie und da hörte man jemanden flüstern :"Come on, Baby, come on, atme!"
Und dann plötzlich :"JA!" Und noch einmal :"JA!"
Nach über einer Stunde hatten sie das Kleine ins Leben rufen können. Ich wurde darauf aufmerksam gemacht, dass ein so langer Sauerstoffmangel Schäden hervorrufen kann, und mit einem zwiespältigen Gefühl begab ich mich zwei Stunden später auf den Heimweg.
Mamsell hat sich gleich vorzüglich um das Baby gekümmert, aber leider hatte es zuwenig Kraft zu Saugen. So wurde es die ersten zwei Tage mit der Pipette ernährt. Dann konnte es 2 Wochen lang säugen und ist zum fettesten, je dagewesenen Baby geworden. Und plötzlich hatte Mamsell keine Milch mehr. So habe ich mich wieder um die Ernährung gekümmert.

Und was ist daraus geworden ?
Wenn Edna Menschenstimmen hört, kommt sie im Galopp angesaust, obwohl sie noch kaum richtig gehen kann. Ständig klettert sie auf einem rum und schreit uns an. Sie ist überhaupt ein unglaublicher Schreihals geworden. Wenn man bedenkt, dass man sich im Tierspital Sorgen gemacht hatte, weil sie nicht schreien wolle ...
Es sind überhaupt keine Schäden sichtbar. Die kleine Nana, wie ich sie nenne, war von Anfang an sauber, sie ist zum anhänglichsten und verfressensten Kätzchen geworden, das man sich vorstellen kann. Und vielleicht ist sie noch eine der Schönsten, die je bei mir geboren sind.

Der Name ?

Edna ist ein somalischer Mädchenname und Dawutibé tönt zwar schön afrikanisch, ist aber eine Abkürzung für "Das Wunder vom Tierspital Bern".
Nie mehr werde ich den tollen Einsatz des Teams vegessen. Es ist so schön, dass Nana leben darf.


(veröffentlicht in der Zeitschrift der IG Aby & Somali, Ausgabe 1-98)



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