22. - 31. Mai 2009
Die 9 längsten Tage und Nächte unseres Babybel

(blaue Google-Linie nicht beachten)




Da hat uns unser Kleiner ja einen schönen Schrecken eingejagt, und das ist, gelinde gesagt, die Untertreibung des Jahres!
Hier ist seine - geben wir es ruhig zu - etwas peinliche Geschichte:

Mitte April hatte ich angefangen, Babybel mit in den Garten und auf den Spaziergang zu nehmen, denn unser verwöhntes Muttersöhnchen war ja sooo unglücklich in seinem schön möblierten Zimmer mit 10 Meter Balkon.
An diesem schönen, sehr warmen Freitag Vormittag gehe ich also ohne ihn wieder hinein, um sein Zimmer frisch mit Plastik und Papier auszulegen (er setzt sein Revier täglich unter Wasser und ist stolz darauf...). Dabei höre ich ihn draussen jammern, mehrmals schaue ich raus, versichere ihm dass ich gleich wiederkomme und - ich gestehe - mache mich ein bisschen lustig über ihn.
Und einmal sehe ich auch ganz kurz zwei Spaziergänger, die auf dem Wanderweg an unserem Haus vorbeigehen....

Nur wenig später (wir reden hier von Minuten) hätte er reinkommen sollen, weil ich den Rest des Tages abwesend war. Babybel kam nicht. Ich machte mir nicht gross Sorgen, denn DER geht alleine nirgends hin, und die Scheune ist riesig und sehr interessant, ausserdem kennt er sich ja aus.

Als ich am frühen Abend zurück kam, war Babybel unauffindbar. Spurlos verschwunden. Ich habe in der Scheune und rund um das Haus alles abgesucht.
Ich dachte sofort an die Wanderer. An die Strasse. Güllenloch. Marder. Die schlimmsten Bilder hatte ich vor den Augen!
Wurde er gestohlen? Überfahren? Liegt er irgendwo schwer verletzt? Ist er gar tot?
Nur jemand, der schon einmal sein Tier vermisst hat, weiss, was man da alles durchmacht.
Es war eine kurze Nacht.

Nächster Morgen (Samstag): Weit und breit kein Babybel. Ich drucke Plakate aus, verteile sie in allen Milchanlaufstellen im Tal, damit auch der letzte und hinterste Bauer sie zu sehen bekommt, in allen Restaurants, im Dorf, auf dem grossen Parkplatz beim See (es hat viele Touristen), im Umkreis von 2km klappere ich jedes bewohnte und unbewohnte Gebäude ab und frage und rufe und frage und rufe....
Die Bauern sagen:" Ach,Sie suchen so eine Rote die aussieht wie ein Fuchs? Die haben wir hier massenweise. Wollen Sie eine?"


Sonntag, es ist immer noch brütend heiss. Sogar hier in La Brévine sind die Temperaturen seit Tagen über 30°C.
Ich dehne die Suche auf 5km Umkreis aus. Auf jedes einzelne Gebäude.

Endlich Montag: Das Lokalradio kann verständigt werden, ebenso alle Tierärzte der Umgebung sowie andere Institutionen. Und da es regnet, kann ich gleich vor dem Computer bleiben und Babybel auf allen wichtigen Internet-Plattformen als vermisst melden.

Dienstag und Mittwoch: Die Zeit schleicht. In der Zwischenzeit bin ich mir fast sicher, dass ich nicht gut genug gesucht habe und er schwer verletzt irgendwo liegt. Immer wieder suche ich im hohen Gras neben der Strasse und im Stroh in der unendlich grossen Scheune, und habe gleichzeitig Angst, einen Anruf oder ein Mail zu verpassen.

Am Donnerstag werde ich operiert und ab Freitag bin ich einbeinig, na, dreibeinig, mit den Krücken im Stroh am herumstochern. Aber die Hoffnung, ihn lebend wiederzufinden, schwindet von Stunde zu Stunde.

Sonntag morgens, 31. Mai, 10Uhr. Das Klingeln des Telefons reisst mich aus dem Tiefschlaf. Ich hatte eine schlechte Nacht mit vielen Schmerzen.
"Hmkhm. Hallo?"
Eine Herrenstimme: "Guten Tag. Ich glaube, Ihr Kater ist bei mir im Garten,"
???? Pause. "Sind Sie sicher?" (Etwas Blöderes ist mir in dem Moment nicht eingefallen)
"Naja, er sieht aus wie auf dem Plakat und ist genauso, wie Sie ihn beschreiben."
Ich frage den Herrn, wo er wohne? "Nur 2km von Ihnen." Ob er mich holen kommen könne, ich laufe an Krücken? "Er komme sofort."
Ich habe kaum Zeit auf's Klo zu humpeln und mir mit dem Waschlappen über das Gesicht zu fahren, steht er schon vor dem Haus.

Lieber Leser, liebe Leserin, verstehen Sie mich richtig: Ich wollte den Herrn ja nicht für nichts herumjagen. Nur damit er mir dann irgend eine rote Katze zeigt, die seiner Meinung nach aussieht wie ein Füchsli! Nur deshalb habe ich ihn gefragt, ob er rasch zu mir in die Wohnung hoch kommen könne.
Etwas verwundert, aber ohne zu fragen kam er in die Wohnung und wurde, wie das so üblich ist, von Flörli, Köbeli, MaSouSou, Nuurka und Naadji herzlich begrüsst.
"Genau so sieht er aus! Genau so!!"

Können Sie sich vorstellen, was in dem Moment in mir passiert ist? Ich schwöre es, mein Herz hat einen Schlag lang ausgesetzt.

Das Wiedersehen:
Keine zwei Minuten später waren wir schon da. Und somit wären wir schon mitten in den Peinlichkeiten. Zwei Minuten!!
Aber damit nicht genug.
Was hat Babybel als erstes gemacht, als er mich dort im Gras kauernd gesehen hat? Er ist zwei Meter vor mir stehen geblieben und hat MICH angeschnauzt!! Und wie! Ob ich eigentlich wisse, wie lange er schon hier auf mich warte, was er alles durchgemacht hätte, und er habe Hunger und keine warme, weiche Decke, und überhaupt....!!!
Das dauerte etwa eine Minute, dann klebte er an mir, wusch mir den Hals und das Gesicht, schnurrte, dass das halbe Tal wackelte und wollte mich nicht mehr loslassen. Es war kitschig wie in einem Walt-Disney-Film! Und der Herr war zu Tränen gerührt. Ich natürlich auch.

Was also war eigentlich in den 9 Tagen passiert?
Unser kleiner Held ist tatsächlich den Wanderern gefolgt. Den Anfang des Weges kannte er ja. Dann den ganzen See entlang, beim Parkplatz den Hügel rauf, über die Krete raus aus dem Tal (!), dann runter Richtung "Les Sagnettes". Alles am ersten Tag, in dieser Hitze!
Das ist aber auch das einzige Kompliment, das ich ihm machen kann. Hut ab - beachtliche Leistung!
Als sie dann (nach Stunden) in die Nähe der Bauernhöfe kamen, war es Babybel nicht mehr geheuer und er liess die Wanderer ziehen. Am nächsten Tag trieb ihn wohl der Hunger doch noch zu einem der Höfe, aber er bekam von den Hofkatzen, die natürlich Junge hatten, ganz gehörig ein paar hinter die Löffel. Also machte er sich auf den Rückweg. Mitte der Woche traf er dort ein, wo ich ihn schlussendlich abholte, und ob Sie's mir glauben oder nicht, aber es sieht ganz so aus als hätte unser Muttersöhnchen in der ganzen Zeit keine einzige Maus gefangen! Er war ja nur noch Haut und Knochen!
Der Herr dachte sich zuerst nichts dabei; er meinte, es sei die Katze des Wirts nebenan. Am Sonntagmorgen ging er einen Kaffee trinken und erwähnte die Katze, die "aussehe wie ein Füchsli", der Wirt zeigte ihm das Plakat, et voilà.

Im Umkreis von 2km gibt es hier ausser Bauernhäusern noch 1 Käserei, 3 Restaurants und 1 Villa.
Und jetzt raten Sie mal, was sich dieses Milchbubi ausgesucht hat? Genau. Die Villa. Wo es keine (bösen) Katzen hat....

Fazit:
Tja, mein lieber Kleiner. Eigentlich hatte ich mir deinen blöden Babynamen schon fast abgewöhnt. Du warst schon fast ein richtiger "Qashti". Aber das kannst du dir jetzt definitiv abschminken.
Du bist und bleibst ein Babybel. Und zwar ein Babybel, der drinnen bleibt! Ist das klar?



Ach übrigens: Nach fast 3 Wochen Quarantäne durfte Babybel gleich MaSouSou decken. Sozusagen als Entschädigung :-)